Regio 2022 in Reutlingen

Mittendrin – doch außen vor
Was heißt hier eigentlich Inklusion?

Reutlingen, 8. Juli 2022
Eine Veranstaltung des Landesverbandes Gemeindepsychiatrie Baden-Württemberg e. V. des Landesverbandes Psychiatrie-Erfahrener Baden-Württemberg e. V. und des Landesverbandes Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.

Seit März 2009 ist die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland verbindliches Recht. Blickt man nach mehr als zehn Jahren auf die Lebensrealität psychisch kranker und behinderter Menschen in Deutschland, so lässt sich fragen: »Was heißt hier eigentlich Inklusion?« Die meisten leben heute mitten in der Gesellschaft und finden dort Unterstützung – und sind doch gleichzeitig außen vor. Das Versprechen gleichberechtigter Teilhabe ist noch keineswegs eingelöst. Viele Betroffene fühlen sich ausgeschlossen: von sozialen Kontakten, vom Arbeitsmarkt, von materiellen und kulturellen Ressourcen. Gleichzeitig sind Vorurteile und Ressentiments gegenüber psychisch kranken Menschen in den letzten Jahren wieder auf dem Vormarsch. Auf der diesjährigen Regio wurde eine kritische Bilanz gezogen, gleichzeitig wurden aber auch Impulse für die Fortsetzung des Weges der Inklusion gegeben.

Soziale Inklusion von Menschen mit psychischen Erkrankungen – Bestandsaufnahme und Entwicklungsperspektiven
Prof. Dr. Dirk Richter, Berner Fachhochschule, Fachbereich Pflege

Das Stigma psychischer Erkrankung: Folgen und Interventionen
Prof. Dr. med. Nicolas Rüsch, Professor für Public Mental Health, Universitätsklinikum Ulm

Podiumsdiskussion »Wege zu mehr Inklusion«

Christine Blankenfeld, Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg
Thomas Poreski, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg Bündnis 90/Die Grünen
Mike Münzing, Bürgermeister Stadt Münsingen
Nikolaus Mantel, LVPEBW e. V.
Heike Petereit-Zipfel, LV BW ApK e. V.
Moderation: Achim Dochat, LV Gemeindepsychiatrie BW e. V.

Vorstellung des Projekt IPAGs
(Interessenvertretung Psychiatrie-Erfahrener und Angehöriger im Gemeindepsychiatrischen Verbund stärken)

Was ist IPAGs?
IPAGs ist ein gemeinsames Projekt des Landesverbandes Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V. und dem Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Baden-Württemberg e. V.
Projektziel
Die beiden Landesverbände haben Mängel bei der Umsetzung der Interessenvertretung Psychiatrieerfahrener und Angehörigen im Gemeindepsychiatrischen Verbund (GPV*) festgestellt. Projektziel ist es, diese Mängel zu bearbeiten und die Interessenvertretungen der Selbsthilfe im GPV zu stärken.
Wie soll das Projektziel erreicht werden?
Es werden Informationsveranstaltungen und Schulungen für Interessenvertreter:innen angeboten und diese auch vor Ort unterstützt. Beispielgebende Umsetzungen von Interessenvertretung werden gesammelt, ausgewertet und zur Verbesserung genutzt. Die gesundheitspolitisch aktive Selbsthilfe seelische Gesundheit im Kreis wird gestärkt. Auf Landesebene wurde dazu eine 80%-Stelle für eine Projektleiterin und ein 20%-Stelle für eine Projektmitarbeiterin eingerichtet. Es wird also eine Beratungs- und Unterstützungsstelle für die kommunalen Interessenvertreter:innen der Angehörigen und Psychiatrieerfahrenen im GPV geben.

Politisches Statement Inklusion – Regio 2022

Die Verwirklichung von Inklusion braucht weitere Anstrengungen!

Wir betrachten Inklusion nach wie vor als das zentrale, alles übergreifende Thema in der Behindertenpolitik und darüber hinaus. Trotz aller politischen Willenserklärungen sind wir allerdings von einer Gesellschaft, in deren Mitte alle behinderten Menschen gleichberechtigt, ohne Diskriminierung und Benachteiligung leben können, immer noch weit entfernt. Dabei muss die besondere Situation psychisch belasteter Menschen berücksichtigt werden. Gerade psychiatrieerfahrene Menschen stehen vor einer besonderen Art von gesellschaftlichen Barrieren. Ihre Behinderung ist oft nicht sichtbar und im Alltag schwer zu erkennen, Symptome und Leistungsfähigkeit können stark schwanken. Hinzu kommt, dass Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen sich in den letzten Jahren wieder zu verstärken scheinen. Damit das Ziel der Inklusion von der Theorie zur Praxis wird, braucht es weitere Anstrengungen aller Beteiligten!

Träger und Mitarbeiter psychiatrischer Unterstützungsangebote
Forderung: Mehr inklusive und sozialraumorientierte Arbeit in der Gemeindepsychiatrie. Vergleichbar gute Finanzierung von inklusiven Hilfsangeboten.
Forderung: Mehr aufsuchende Hilfen für psychisch kranke Menschen und ihre Familien

Verantwortliche in Politik und Verwaltung
Forderung: Kein gemeindepsychiatrischer Verbund ohne die Beteiligung Psychiatrieerfahrener und Angehöriger. Mitwirkung und Mitentscheidung auf allen (psychiatrie)politischen Ebenen.

Psychiatrieerfahrene und ihre Angehörigen
Forderung: Menschen mit Behinderungen müssen sich mehr austauschen und mehr Verständnis untereinander entwickeln. Wenn sie mit einer Stimme sprechen, können sie mehr politische Kraft entwickeln.

Landesverband Gemeindepsychiatrie Baden-Württemberg e. V.
Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Baden-Württemberg e. V.
Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.